Monday, October 3

nacht. faust I + II im thalia theater hamburg


Man kann schlecht ein allgemeines Urteil über diesen achtstündigen Theater-Marathon fällen, da er aus so vielen Elementen bestand. Ich kann mich jedoch ganz entschieden all denen anschließen, die am Ende der 8 Stunden frenetisch applaudiert haben.
Nicolas Stemann hat sich selbst und alle Mitwirkenden vor die Aufgabe gestellt, nicht nur FAUST I, sondern auch FAUST II auf die Bühne des Thalia Theaters zu bringen. Und es ist absolut geglückt.
Textmassen wurden bewältigt, oft in Monologen, es gab Gegenreden, die die Schausspieler mit sich selbst ausfochten, und Text wurde hinzugefügt. Figuren wurden zusammengefasst (kein Wunder bei einem Personenverzeichnis von über 200) und Figuren aus dem Goethe-Kosmos mit eingebaut.
Eine Opernsängerin, ein Chorknabe und eine Band sorgen für die musikalisch Untermalung und teilweise auch Übermalung, die schon bei Stemanns Inszenierung von "Die Kontrakte des Kaufmanns" von Elfriede Jelinek zum Einsatz kam.
Alles zusammen bildet ein rauschhaftes Bild des Verlangens und der Versuchung, vor allem verkörpert durch Philipp Hochmairs Mephisto im ersten Teil. Sebastian Rudolph als Faust will und will immer mehr, vor allem will er Gretchen, aber so stark sind die Grenzen zwischen den Figuren nicht gezogen, auch Patrycia Ziolkowska ist teilweise Gretchen, teilweise der, der sie begehrt. Das ist nicht verwirrend, das ist einfach nur tolles Spielen. Dafür verdienen alle Beteiligten hohe Anerkennung, auch aufgrund der unglaublichen Textmenge und Stundenanzahl, die sie meistern mussten.
Besonders schön auch das teilweise offen Absurde in den hinzugefügten Texten, wie in dem Dialog der zwei Literaturwissenschaftler über Goethes Schwimmbad im Garten.
Der zweite Teil der Tragödie war wild, wild, wild. So wie es zur Textvorlage nun einmal passt.
Weitere Termine, an denen man Faust I und II im Thalia Theater zusammen sehen kann, findet man unter www.thalia-theater.de. 

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